Samstag, 31. Mai 2008

Erice und Zingaro

Dienstag, 20.05.2008



Nach einer erquickenden Nacht (ich konnte zwar wegen des Windes die Terrassentür nicht auflassen, aber vorher gut lüften, der Seewind ist frisch, und ich habe hier ja von 3 Seiten Meer) begrüßten mich die Sonne und blauer Himmel, dazu riesiges Mövengeschrei - da sag Du noch etwas gegen Tauben und Elstern! Sie hocken auf dem Gesims der Kirche gegenüber und ersparten mir den Wecker. An Hand der Fotos hast Du wohl schon die Lage meiner Suite gesehen. Selbst das Frühstück war ausnahmsweise reichlich (Italien kennt da nur Café bzw. Cappuccino und Croissants, wie in Frankreich; wenns hoch kommt, gibt es Joghurt): viel Süßes, Gebäck, Kuchen und Patisserie, je südlicher desto süßer das Gebäck und desto schärfer das Essen! Mein Couscous gestern mit grilliertem Fisch war köstlich. Davor Antipasti vom Buffet: Du glaubst gar nicht, was da alles für Köstlichkeiten aufgetischt sind, die ich zwar riechen und mit den Augen bewundern kann, die ich aber nur teilweise identifizieren kann. Schmecken tut alles absolut köstlich! Also von guter Küche verstehen die Sizilianer etwas!

Überhaupt muss ich das Image von Sizilien stark korrigieren. Man verbindet es ja entweder mit dem "Süden", d.h. dem Armenhaus Italiens, oder mit der Mafia. Beides hat sicher irgendwo etwas Recht, aber es prägt nicht das Bild und den Eindruck, den ich gewinne. Da herrscht so viel Schönheit und Eleganz, reiche Geschichte und ansprechende Gegenwart. Hier in Trapani ist die Altstadt wunderschön hergerichtet, gestern im nächtlichen Lampenlicht sah es fast wie eine Illumination aus: die verzierten Portale und Fassaden den Palazzi und Patrizierhäuser sind beeindruckend. Dazu die Sauberkeit und die Ordnung, die sie haben, die entsprechen so gar nicht unserem Cliché von Sizilien. Da ragt Trapani sogar über alle Städte hinaus, die ich sonst gesehen habe.



Erice



Heute geht es in die Berge nach Erice, dem berühmten mittelalterlichen Bergdorf ganz der Nähe (es führt auch eine Seilbahn hinauf auf die 700 m Höhe der Ortslage) und weiter ins Inselinnere nach Segesta mit ihren Tempelanlagen und Theatern. Das norditalienische Tiefdruckgebiet lässt es nicht nur in Süddeutschland regnen und schneien, wie mir Bruno schrieb (das Engadin sei wieder ganz weiß!), sondern führt hier nach Süden einen recht frischen Wind mit; das ist eigentlich recht angenehm.


- abends -

Heute gabs eine Programmänderung. Das Gute ist ja: Ich beschließe selber darüber. Generell brauche ich hier nie zu überlegen, was ich an diesem Tage machen soll, sondern vielmehr: was ich unterlassen, was ich auslassen soll. Es gibt so viel zu sehen, dass ich sowieso nur eine Auswahl treffen kann.

Zuerst also Erice. Auf den Fotos gestern ist auf einem Bild von meiner Dachterrasse aus ein wolkenverhangener hoher Berg zu sehen. Dort oben liegt ERICE. Als ich heute da oben war, gabs natürlich keine Wolken, sondern strahlende Sonne. Schon die Auffahrt war ein Erlebnis: eine sehr kurvige Straße, die praktisch von 0 auf 700 m hinaufführt: der Blick wird von Kurve zu Kurve besser! Ich war so früh dran (wenig nach 9 am), dass ich in aller Seelenruhe fahren, schauen und auch gelegentlich zum Fotostopp anhalten konnte. Oben war es dann noch reichlich frisch, aber die Sonne half. Was es dort Fantastisches zu sehen gibt, zeigen die Bilder: sowohl im malerischen Bergort selber mit Kirchen und Burgen, als auch die Ausblicke!!! Wahnsinn. Zur Hochsaison soll es dort bersten vor Menschen, die Straße hinauf und hinunter immer verstopft. Damit hatte ich keinerlei Problem: Ich war noch fast allein im Ort, erst nach und nach kamen vereinzelt Tourbusse: viele Franzosen und Holländer, auch Deutsche natürlich.



Golf von Bonagia


Überhaupt trifft man wenig Einzelreisende, ich meine mit eigenem Auto oder Mietwagen. Meist sind es Bustouristen. Da gibt es kaum Kontakte. Auch hier im Hotel sind nur wenige Gäste: Italiener und Franzosen, ach ja, ein US-amerikanisches Paar ist noch da, wie ich beim Frühstück feststellen konnte. Wie überall in Trapani (gesprochen übrigens "tráppani") herrscht auch hier im 4-Sterne-Hotel "Zucht und Ordnung": Frühstück gibt es zwischen 8 und 9, Toleranz 15 Minuten, steht groß auf einem Zettel Zimmer!

Im Anschluss an Erice fuhr ich nicht nach Segesta weiter (liegt an der AB nach Palermo, mache ich morgen), sondern in den wildromatischen Naturpark ganz im Nordwesten, in den Zingaro-Nationalpark. Es ist einer der ersten Nationalparks überhaupt gewesen auf Sizilien, schreibt der Reiseführer. Dort hinein bin ich knapp 2 Stunden gewandert: fantastisch! Sonne, Meer, Blumen, Düfte, wilde Küste - und noch relativ wenig Menschen: parken kein Problem; das soll im Sommer dann ganz anders sein!



Von dort bin ich dann in einem Bogen um den Park herum an den nordwestlichsten Zipfel Siziliens gefahren, nach San Vito do Capo. Eigentlich erwartete ich nur ein verschlafenes Nest auf einem Felsen am Ende der Welt, vielleicht noch einen Leuchtturm. Was ich vorfand, war ein wunderhübsches, ansehnliches Seebad in einer langgezogenen Bucht mit tollem Sandstrand! Im Sommer muss es dort überlaufen sein, denn von Palermo ist es nur 1 Stunde entfernt, und von Trapani noch weniger. Sandstrand ist an der Nordküste eher selten! Ich traf es natürlich ruhig dort an, mitten in der Woche im Mai. Den Leuchtturm gab es aber auch, seht nachher selbst. Ich konnte noch bei Sonne einige Fotos machen, dann zog es bei stürmischem Wind schnell zu. Auf der Rückfahrt nach Trapani (45 min.) gab es einen kräftigen Schauer - störte mich da nicht mehr. Jetzt sitze ich an der offenen Dachterrasse, und die Sonne scheint wieder!! So soll das sein...



Zingaro Naturpark


Jetzt ruhe ich ich aus, bin ganz schön geschafft. Abends gibt es wieder etwas Gutes, ich habe noch ein weiteres Restaurant in der Nähe ausgemacht und mich gestern dort angemeldet; das ist hier nämlich besser so: Trapanesen gehen offenbar auch sehr gerne essen!

Auch hier im schönen Trapani könnte ich es gut noch länger, viel länger aushalten. Die Egadischen Inseln liegen direkt ja vor der Haustür!! Und die Salinen habe ich heute wenigstens von oben gesehen! Morgen geht es also über Segesta nach Palermo, schon fast meine letzte Station!



San Vito do Capo

Selinunte und Trapani

Montag, 19.05.2008



Das war ein bisher schon langer und erlebnisreicher Tag. Ich hatte gestern gar nicht davon geschrieben, dass heute noch ein Highlight der Altertümer anstand: SELINUNTE, die älteste südsizilische Stadt, Blütezeit vom 7. bis 4. vorchr. Jhdt.: 409 v.Chr. wurde sie endgültig zerstört und aufgegeben. Den Rest besorgten später zwei größere Erdbeben, die übrigens im 14. Jhdt. n. Chr. fast alle Tempelanlagen auf Sizilien in Trümmer legten.

Selinunte ist auch ein einziges Trümmerfeld, aber die Trümmer sind schon kolossal! Ein halber Tempel steht auch noch. Dafür ist die Anlage der Akropolis wunderbar zu erkennen und sehr lohnend zu begehen. Man sieht die Quartiere, Hauseingänge, Stadtstraßen, Brunnen, Wasserleitungen und viele Einzelheiten mehr. Man stellt sich vor, man ginge durch eine Stadt, die eben noch bewohnt war, die dann aber ein Hurrikan eingeebnet hätte....



Selinunte



Selinunte hatte Pech: zweimal stellte es sich auf die falsche Seite, einmal auf die der von Syracus vernichtend geschlagenen Athener (im ersten peloponnesischen Krieg), dann später auf die Seite von Syracus, das dann Karthago unterlag. Da haben die Tempel nicht viel genützt. Die Römer haben noch einmal eine Besiedlung versucht, aber die damaligen Trümmer müssen schon abschreckend genug gewesen sein: Es wurde nichts rechtes draus. Lebendige Geschichte!



Akropolis





Es war in Selinunte noch sehr heiß, fast stechend, und schon stark dunstig. Ab spät mittags zog es dann völlig zu, so dass ich geradeswegs nach Trapani fuhr, ohne noch an den Salinen auszusteigen: vielleicht morgen. In Trapani zeigte sich mir Sizilien von der feuchten Seite: Es schauerte und stürmte. Ich bezog mein luxuriöses Hotel in der Altstadt (ich habe eine eigene Dachterrasse mit Blick über die Dächer von Trapani bis auf die Berge - Expedia bewährt sich wieder einmal!) und machte mich dann dennoch auf den Weg, Trapani zu erkunden. Dabei geriet ich zuerst noch bei trübem Wetter in ein ziemlich heruntergekommenes Hafenviertel jenseits der Piazza Garibaldi (nach dem Befreier der Königreiche von Neapel und Sizilien von bourbonischer Herrschaft), das zu hässlich war, als dass es malerisch hätte sein können. Ich war schon sehr enttäuscht von Trapani und der Lage meines Hotels, bis ich dann in die andere Richtung auf der Halbinsel landeinwärts ging, und da enthüllte mir Trapani seine Pracht: eine stolze, einmal sehr reiche Handelsstadt offenbar! Prächtige Palazzi, eine Unmenge Kirchen, sehr viel Restauriertes und natürlich auch noch viel Altes: solch eine alte Stadt (Trapani gelangte unter den Arabern zur ersten Blüte, also im 9. Jhdt.) ist ja ein Fass ohne Boden, wenn man ans Restaurieren geht. Die aus den Gassen und Gebäuden sprechende Geschichte macht ja gerade den Charme einer solchen Stadt aus.

Und was geschah dann? Die Sonne kam wieder heraus, und jetzt ist strahlend blauer Himmel, es verspricht ein wunderschöner Abend zu werden. Ein gutes Ristorante habe ich auch schon entdeckt - was will ich mehr?

Leider mussten meine müden Füße einige Wege doppelt gehen, denn ich wollte doch die prächtigen Fassaden der Palazzi nun auch im Sonnenschein ablichten!



Corso Vittorio Emmanuele



Heute ist es mir gelungen, endlich ein Gelato zu verspeisen: gestern hatte das ja wegen der langen Schlangen vor den unzähligen Gelaterias nicht geklappt: Eis ist hier ein Lebensmittel wie andernorts ein Bier! Man isst es hier so wie ein "Hamburger": in ein aufgeschnittenes süßes Milchbrötchen (brioche) wird je nach Wahl eine Unmenge Eis gestrichen, bis man "finito" ruft. Dann hat man ein halbes Pfund Eis und eine echte Zwischenmahlzeit so gegen 5 p.m., wie es hier viele tun. Dies köstliche Eis isst sich allerdings auch genauso schwierig wie ein Hamburger: es kleckert und tropft, wenn man nicht schnell genug is(s)t!

Jetzt mache ich mich an die Fotos, steige in mein Jacuzzi und mache mich dann fertig fürs Dinner!



Über den Dächern von Trapani



Internetzugang ist hier wieder ganz bequem mit WLAN und frei.


Ich habe wirklich vorzüglich gespiesen (und natürlich Wein getrunken - man wird hier glatt zum Säufer), heute war es am besten, dabei habe ich jeden Abend bestens diniert! Sizilien hat da wirklich etwas zu bieten, man hat seine helle Freude an dieser schönen Insel. Ich bin ebenfalls überrascht, wie prunkvoll, reich, sauber und gepflegt hier die Städte wirken, besonders Siracusa und jetzt Trapani. Trapani ist überhaupt die Spitze: So viel gediegenen Wohlstand habe ich hier sonst kaum je gesehen: in den Gassen nur Nobelgeschäfte!! Entsprechend ist die Gastronomie, nicht ganz billig, da war Catania "billiger". Wer hat schon je etwas von Trapani gehört? Das sollte sich ein Norditaliener einmal ansehen: Sizilien braucht sich nicht zu verstecken!!





Viva Sicilia!

Freitag, 30. Mai 2008

Im Tal der Tempel

Sonntag, 18.05.2008



Da bin ich nun schon in Agrigento - was gibt es nicht alles zu sehen! Gestern war ich in Siracusa - total beeindruckend, ein paar Bilder folgen gleich. Dann gab es eine lange Autofahrt durch das südwestliche Sizilien nach Agrigento. Die in der Karte verzeichnete Autostrada gab es noch nicht, so dass die Fahrzeit etwas länger wurde. War aber Tolles zu sehen im Vorbeifahren: Ragusa und vor allem das malerisch gelegene Modica, die Küste ist dort weniger attraktiv. Bilder gibts von der Fahrt keine, da ich mir keine Fotostopps erlaubte: Sonst wäre ich erst nachts in A. angekommen!

Hier gibt es nun gleich viele Tempel zu sehen, hab sie schon gestern im Abendlicht bewundert. Ich denke, heute gibt es später noch einen längeren Bericht.




Agrigento am Morgen


- abends -

Agrigento. 15:30 Uhr. In der Sonne ist es so heiß (im Schatten allerdings nur 26°), dass man ab 14 Uhr besser drin sein sollte. Nur dumme Touristen wie ich latschen dann noch durch die Straßen der Altstadt von Agrigento, ansonsten ist es ausgestorben. Ich glaube, nachts um 2 Uhr ist hier auf den Straßen mehr los als mittags um 2: Siesta, Ruhe, Pause. Streunende Katzen und Hunde verlassen den Schatten nicht, wenn man vorbeikommt. Aus den Häusern in den engen, steilen Gassen (A. liegt auf einem hohen Felsrücken) dringen unterschiedliche Laute: muntere Pop-Musik der Jugend, dann sehr ruhige Melodien, passend zu früh-nachmittäglichen Liebesspielen (Sonntag!); etwas weiter oben rennt eine junge Frau laut schreiend aus dem Haus: "Papa, Papa!" höre ich immer. Ihren Ehemann hört man im Hintergrund schimpfen und schreien, vielleicht hat er sie auch nur ein bisschen verprügelt, und sie will nun zu Papa, überlegt es sich aber und kehrt ins Haus zurück, wo das Gezeter weitergeht. Ich gehe auch weiter; es ist also das ganz normale Leben, was man da zwischen den engen Häusern mitbekommt!




Altstadt auf dem Berge


Die Altstadt oben auf dem Felsen ist durchaus interessant, aber an Siracusa, Modica oder Catania kommt das nicht heran. Immerhin hat die Kirche etwas von den Heiden gelernt: Man muss den höchsten Punkt besetzen, höher als die Tempel auf dem Nachbarhügel: Ganz oben in der Altstadt auf dem höchsten Punkt thront der Dom.

Stichwort Tempel: derentwegen kommt man ja nach Agrigento: zum Valle dei Templi. Das ist wirklich imposant und "hat was". Drei große Tempelbauten stehen dort bzw. die Reste davon: der Herkules-Tempel, fast nur noch Ruinen, der Concordia-Tempel, weitestgehend erhalten / aufgebaut; der Tempel der Göttlichen Juno / Hera. Sie liegen wie Perlen auf der Schnur entlang eines Höhenrückens - von wegen "valle": Hügel! Sie stammen aus dorischer Zeit, also aus dem 6. - 4. Jhdt. vor Chr. Sehr imposante Ruinen, denn das sind es natürlich, auch wenn man einiges wieder aufgebaut hat. Früher stand man der Vergänglichkeit etwas gelassener und vor allem praktischer gegenüber: Viele der Tempelsteine wurden im Mittelalter und später beim Ausbau des Hafens verwandt, und sind daher, wie man heute sagt, "unrettbar verloren". Als ob nicht alles einmal verloren und vergangen ist, wir inklusive. Als ich vom Berg der Tempel mich umschaute, fielen mir die vielen neuen Verkehrskreisel auf, die man entlang den Umgehungsstraßen um Agrigento findet. Spätere Generationen werden dann vielleicht von uns Heutigen als Besonderheit sagen: Sie konnten schon Kreisverkehre bauen; man erkennt es deutlich an den komischen Eiern in der Landschaft... :-)




Tempel des Herakles


Da ist die Hinterlassenschaft der Griechen, dann der Römer, die dazwischen natürlich auch noch ihre Tempel und Totenstädte gebaut haben, und der Byzantiner schon sehr viel eindrucksvoller. Die Kostbarkeiten, die man allenthalben gefunden hat und noch findet (halb A. besteht aus aktuellen Ausgrabungsstätten), sind im neu angelegten Museo archeologico sehr informativ zu besichtigen. Ich kann euch jetzt einen kleinen Vortrag über Einzelheiten dort halten, denn ich habe sie alle in englisch, französisch, deutsch und italienisch erläutert bekommen. Es war also besonders im Museum nicht ganz leicht, zwischen den Tourbus-Trupps und ihren lautstarken Guides durchzukommen. Ich war nur froh, dass ich da nicht wie all die Tour-Schafe geduldig stehen und alles anhören und über mich ergehen lassen musste: mit einigen "excuse me", das ja klingt wie "sciusi", und "pardon" kam ich dann irgendwie durch. Anfangs habe ich für einige Sekunden die Tour-Touristen beneidet: Nach dem Frühstück nichts weiter nachzudenken und planen zu müssen, sondern einfach der Reiseleitung hinterherlaufen, Ticket fertig in Empfang nehmen, sich natürlich nicht um die Anfahrt und die Parkplätze kümmern zu müssen und weitere solche Kleinigkeiten. Das muss ich ja alles selber für mich organisieren. Aber als die Hammelherde dann immer in Trupps zusammenstehen und ermüdet den Guides lauschen sah, da wusste ich wieder definitiv: Ich hatte die bessere Wahl getroffen. Ein weiterer Vorteil war, dass ich lang vor den Touris im schattigen und sehr luftigen Pinien-Café des Museums draußen mich in aller Ruhe erquicken konnte mit Café und Hörnchen: Als die Massen kamen, war ich schon wieder weg!

Mich haben viele Details sowohl der gewaltigen und großzügigen Tempelanlagen als auch der im Museum ausgestellten Artikel beeindruckt. Die Tempel und ihr Kult waren ja Teil des Alltages der Menschen vor 2500 Jahren; sie habe dort gehofft, gebetet, gefeiert, geopfert, gehurt, gesoffen und gelitten. Aber es war ihr Leben. Das Schönste war da gerade gut genug für die Götter und ihre "Diener" auf Erden: die Vasen, Schalen und Reliefs in feinster künstlerischer Ausfertigung, fantastisch. So etwas aus Stein und Alabaster kann heute keiner mehr anfertigen. Ich stand vor einem römischen Kindersarkophag aus Marmor um die Zeitenwende herum. Umlaufend um den Steinsarg war die Abschiedsszene dargestellt: die weinenden Eltern und Geschwister um den auf einem Sofa aufgebarten vielleicht 13 jährigen Kinderleichnam; daneben die Lehrer und Mitschüler (wie der Text erläuterte), an den Seiten die Geburt, Waschung und Namensgebung des verstorbenen Kindes. Natürlich konnte das nur reicher Leute Kind sein. Aber das menschliche Leid, was dort zum Ausdruck kam und künstlerisch vollendet festgehalten war, das übergreift Arm und Reich und überdauert die Zeiten: Die Menschen damals sind uns existentiell völlig gleich - das wurde mir sehr eindrücklich bewusst. Eigentlich ist der Unterschied der Zeiten gar nicht so gravierend. Ok - SIE bauten Tempel, WIR Kreisverkehre...




Tempel der Juno



Der hiesige Philosoph, über den es hier viel zu lesen gibt, ist übrigens Empedokles; Näheres in der Wikipedia. Ihm zu Ehren heißt der benachbarte uninteressante Industriehafen Porto Empedocle. Es gibt zum Teil schon merkwürdige Namensgebungen...

Ich hoffe, die Bilder vermitteln einen weiteren Eindruck vom wirklich schönen Agrigento! Ich gehe nachher aber nur noch an den Strand von San Leon, dem Stadtteil am Meer, in dem mein Hotel liegt. Es liegt sehr günstig und ist durchaus in Ordnung: nicht exklusiv, aber sehr sauber und ordentlich und vor allem freundlich! also auch weder empfehlenswert, zudem preiswert. Morgen geht es dann gleich weiter zum westlichsten Zipfel Siziliens, nach Trapani und den berühmten Salinen!

Siracusa

Samstag, 17.05.2008




*** Siracusa *** ist eine tolle Stadt mit einem sehr schönen archäologischen Park, in dem man das riesige griechische Theater (es fasste einmal 15.000 Besucher!) und die sagenumwobenen Steinbrüche (Latomien) und Grabhöhlen bewundern kann. Ein besonderes Highlight ist die Altstadt auf der Halbinsel Ortigia: Die Gebäude, in dem hellen Sandstein erbaut, strahlen eine beeindruckende Eleganz aus. Die Piazza Duomo ist eine wirkliche Pracht und lädt zum ausgiebigen Verweilen ein - gute Cafés finden sich dort gleich bei der Hand... Der Rundgang durch die Altstadt offenbart dem Besucher auch die arabische Geschichte von Syracus, dessen Berühmtheit allerdings in der Zeit des Hellenismus begründet wurde. Archimedes entwickelte dort nicht nur sein mathematisches Genie, sondern konstruierte auch neuartige Verteidigungsmaschinen, die dabei halfen, den anstürmenden Römern standzuhalten. Es nützte letztlich nichts: Rom siegte - und Archimedes wurde getötet. Da war die leuchtende Geschichte von Syracus zu Ende, die immerhin in Konkurrenz zu Athen und Carthago fast zum Gipfel der Macht in hellenistischer Zeit geführt hatte.




Piazza Duomo



Heute erinnert nur weniges an diese alte ruhmreiche Zeit. Dafür präsentiert sich Siracusa dem Besucher aber dennoch in eleganter Schönheit, die sich ihrer Geschichte bewusst ist.




Teatro greco

Auf dem Ätna

Freitag, 16.05.2008



Also heute gibt es (k)eine Überraschung...
Morgens stand mein Mietauto nicht zur Verfügung, der Ätna war tief in Wolken, auf der Autobahn nach Taormina war nur Stau, und am Ende habe ich mich im halsbrecherischen Catania total verfahren...

Also, dass das man klar ist: All dies hätte passieren können, ist aber nicht passiert!!! Es war ein fantastischer Tag! Nur eines war nicht optimal: den Ätna und Taormina an einem Tag zu "machen", das war zu viel; für jedes hätte man einen Tag gebraucht. Zum Glück komme ich auf der Rückfahrt noch einmal durch Taormina, da mache ich dann bestimmt noch einen längeren Stopp. Taormina ist wirklich sehenswert und unbeschreiblich schön, vor allem schön gelegen. Wo es schön ist, wimmelt es natürlich von Touristen, aber das ist halt so - ich bin ja auch einer von ihnen!

Kurz der Reihe nach: Mietauto ist bestens, leider war am Schalter morgens eine längere Schlange, so dass ich erst nach 1 Stunde weg kam. Das hätte ich mir denken und einkalkulieren können, aber letztlich ist das ja nicht der Rede wert - es hat meiner guten Laune keinen Abbruch getan.




Der Ätna - Etna



Dann rauf auf den Ätna, da war vergleichsweise noch wenig los - früh in der Jahreszeit, denke ich; oben lag noch Schnee an kalten Stellen. Sehr beeindruckend, ich hab die volle Tour gemacht mit Seilbahn und Rangerover-Bussen, so weit man halt kann (2.700 m). Der Gipfel des Hauptkraters ist dann noch einmal fast 700 m höher und raucht und rumort gewaltig! Es gibt zahlreiche aktive Nebenkrater, typisch für den Ätna und bes. gefährlich, und um solch einen bin ich mit einem Guide (italienische Bergwacht, tatsächlich!) in einer kleinen Gruppe gelaufen. Die Sonne schien, so gut sie es durch die Rauchschwaden konnte, es war sehr windig und ziemlich frisch dort oben. Das Ganze hat dann etwas länger gedauert als gedacht, da ich mich zu dieser Exkursion ganz kurzfristig entschlossen hatte - ich war gar nicht passend angezogen und musste mir sogar Bergschuhe leihen. Immerhin, die gabs da für 2 €. Geht also nicht nur mir so...




Der derzeitige Gipfel des Vulkans



Der Etna, wie er italienisch heißt und sich schreibt, ist ein absolut beeindruckender, durch seine ständigen Eruptionen und fast jährlich fließenden Lavamassen auch ein Ehrfurcht gebietender Vulkan. Wie gesagt: Er rumort hörbar, spürbar und riechbar, wenn man da oben ist! Ein echtes Erlebnis, wow.

Dann gings eben schon recht spät gegen 3 Uhr nachmittags weiter nach Taormina: ein Gedicht,eine Idylle! Lasst einfach später die Bilder wirken und denkt es euch in Wirklichkeit noch tausendmal schöner!




Exkursion um einen heissen Seitenkrater


Jetzt, nachdem ich den grau-schwarzen. Lavastaub weggeduscht habe (es lief schwarz in den Abfluss), bereite ich mich aufs Abendessen vor. Zum Essen bin ich heute noch gar nicht gekommen - ein Eis, das war alles. Macht nichts, das hole ich gleich nach.

Das Autofahren ist, wie ich es mir nach dem Beobachten schon dachte, eigentlich ganz einfach. Auch in mein Hotel in Catania (Altstadt) habe ich eben in der Freitags Rushhour bestens gefunden und mich ohne Probleme durchgewunden. Meine genannten 3 Prinzipien sind korrekt und bewähren sich!! Nur gehupt habe ich noch nicht, ich bin zu geduldig. Andererseits muss man durchaus selbstbewusst fahren und klar und deutlich machen, wann und wohin man fahren will, und das auch sogleich tun. Wer nur zaudert, kommt nie voran - wie im richtigen Leben!




Mit 4WD nach oben



So, ich mache mich gleich auf den Weg, um mir früh, wenn die Restaurants um 20 Uhr aufmachen, ein Tischchen zu reservieren. Morgen geht es weiter über Siracusa, wo ich den Tag verbringen werde, nach Agrigento mit dem "Tal der Tempel". Ein toll gelegenes griechisches Theater gibt es auch in Taormina, bin ich drin gewesen...

Start in Catania

Donnerstag, 15.05.2008



Ich habe eben gut gefrühstückt: jede Menge Frutta, Café und Süßkram... Da es im Garten des Hotels noch zu kühl ist, wird das Frühstück direkt im Zimmer serviert, Rolltisch rein, alles feinstens angerichtet, toll. Ich war ziemlich ausgehungert, da ich ja nichts mehr zu Abend gegessen hatte und mittags auch nur einen Snack; da habe ich mich nachts über die Minibar hergemacht und die Kohlenhydrate in Form von Alkohol zu mir genommen. Da musste jetzt was Festes in den Magen, und nun geht es mir bestens und ich bin voller Tatendrang und Entdeckerlust. Ich sehe: Die Sonne lacht vom blauen Himmel, also rasch unter die Dusche und raus!!

Die Alpen aus 12.000 m Höhe waren toll; wir haben sie etwas östlich von Sion überquert: Stuttgart - Genua, in einem kleinen Bogen. Aber in der Höhe habe ich nicht viel identifizieren können, und eh man richtig gucken konnte, war man schon über der Poebene. Es geht eigentlich rasend schnell, Flugzeit in der Höhe nur 1,5 Stunden, dann kommt jeweils eine viertel Stunde Start- und Steigphase und dann Sinkflug und Landephase dazu. Ruck, zuck ging das!

Ich nehme gleich den Fotoapparat vor den Bauch, schalte GPS ein und los gehts.



Piazza Stesicoro



- abends -

Also Catania ist doch sehr sizilianisch... ;-)
Eine tolle Stadt. Was werde ich dann erst zu Palermo sagen?
Zunächst gewöhne ich mir rasch die südländische Zeiteinteilung an: Nach dem Frühstück gleich früh raus, so gegen 13 Uhr etwas Leichtes zu Mittag essen, dann längere Siesta halten. Von 13 bis 16 oder 17 Uhr sind die Geschäfte sowieso alle dicht, das Leben in der Stadt erstirbt, die Plätze werden heiß und leer. Ich habe mich zum Duschen und Ausruhen ins Hotel zurückgezogen, denn ich war seit vor 9 Uhr unterwegs und auf den Füßen; etwas gegessen habe ich allerdings schon, davon später.

Der erste Eindruck von Catania ist etwas schockierend: es wirkt alles sehr schwarz und dreckig. Beim näheren Hinsehen und Nachlesen stelle ich fest, dass es der Lavastein ist, der so grau und schwarz ist, aus dem hier fast alle Gebäude gebaut sind bis auf die herrschaftlichen und repräsentativen Häuser, die verputzt sind. Beim zweiten Hinsehen ist es eine wunderschöne, vom prallen Leben überquellende Stadt mit tausend malerischen Winkeln und Ecken, alles sehr eng, dann aber wieder mit großzügigen Plätzen dazwischen. Zwei große Prachtstraßen teilen die Stadt rechtwinklig zueinander. Die Via Etnea läuft direkt auf den Ätna zu, den ich allerdings heute nur wolkenumhüllt ahnen konnte. Rechtwinklig zu ihr verläuft die große Via Vittorio Emmanuele II (nach dem 1. König des vereinten Italien ab 1861). Man kann die Innenstadt, die zugleich die Altstadt ist, prima zu Fuß erlaufen. Dann sieht man am meisten, besonders wenn man, wie ich heute, manche Wege doppelt, aber auf verschiedenen (Parallel-)Straßen geht. Ich hatte den Plan schnell im Kopf. Die Bilder werden es nachher dokumentieren!




Liotro, der Lava-Elefant



Es sind schon eine Menge Touristen da, aber es ist noch nicht überlaufen. Im Hafen liegt ein großes Kreuzfahrtschiff mit Engländern, Holländern und Amerikanern, wie ich feststellte. Sonst sind die Straßen und Plätze fest in der Hand der jungen und alten Catanesen: Die Alten sitzen an vielen Ecken und spielen heftig und lautstark ein Kartenspiel, um Geld natürlich; die Jungen sausen auf Motorrollern und in kleinen Autos wild durch die engen Straßen.

Zum Verkehr: Ich werde es ja morgen live erleben im Auto am Steuer. Ich habe drei wichtige Regeln ausgemacht: 1. absolut auf den Vordermann achten (der kann eigentlich fahren, wie er will, ohne in den Rückspiegel zu schauen); 2. Rechts hat immer Vorfahrt (beim Einmünden, Einfädeln, Drängeln...); 3. bei Problemen hupen (sich dabei aber nicht aus der Ruhe bringen lassen). Ampeln gibt es in der City ganz wenige, die Straßen sind dafür viel zu klein - und es regelt sich eigentlich ganz gut so. Auch als Fußgänger profitiert man von dem "Vordermann-Gesetz", denn als Fußgänger bin ich beim Straße überqueren immer der Vordermann, und man läuft dann einfach irgendwie zwischen den Autos durch; die bremsen und halten dann auch schön brav, es geht mit diesen wenigen Regeln eigentlich sehr gesittet und höflich zu. Man muss nur aufpassen: Es wird überall gefahren, wo Patz ist, auch in schraffierten Zonen, über Busspuren, Randstreifen usw. Es wird auch überall geparkt, am liebsten auf den schmalen Gehwegen; da muss man dann auf der Straße gehen, aber das macht nichts, siehe Vordermann und Rücksichtnahme. Ich habe mich hier sehr schnell zu Fuß sehr sicher gefühlt. Auch als Fußgänger darf man überall die Straßen queren, wo gerade Platz ist, am besten dort, wo sich wieder mal der Autoverkehr staut.- Ich erlebte einen Notfalleinsatz eines Rettungswagens und dachte, als ich den hörte: der kommt hier nie durch, aber oh Wunder, er kam durch, und zwar recht schnell, man glaubt gar nicht, dass die Autofahrer immer noch eine weitere Lücke finden und Patz machen können, eine bewundernswerte Kunst! Man fährt hier immer sehr eng, klar, Platz ist kostbar. Ich denke, hier muss der Autofahrer die Ausmaße seines Fahrzeugs wie die eigene Haut fühlen können! Mal sehn, wie ich mich dabei morgen anstelle.




Il Duomo



Ich habe vorhin vorzüglich gegessen, erst wollte ich in eine Enoteca, dann habe ich mich aber doch noch beherrscht und bin in eine kleine Trattoria und Bar am Rande des malerischen Marktgeschehens (Markt in zahllosen engen Gassen, Fleisch, Fisch, Geflügel, alles liegt offen, Obst und Gemüse duften herrlich, absolut sehenswert!!!) eingekehrt. Ich war der einzige Gast und wollte deswegen schon wieder gehen, wurde aber von dem jüngeren Wirt so nett umworben und nach meinen Wünschen gefragt (typisch italienisch halt), dass ich doch blieb und mir in der groben Richtung "Salat und Nudeln" (insalata mista e pasta) vom ihm etwas empfehlen und brutzeln ließ. Es war dann ein köstliches Nudelgericht, selbstgemacht, eine duftende und wohlschmeckende Sauce, dazu wundervoll frischer Salat mit hiesigen Tomaten - köstlich. Wein hatte er nur flaschenweise, aber er ließ seine Tochter von nebenan aus der kleinen Eckkneipe ein Glas Rotwein holen, auch der schmeckte nach MEHR ! Café gabs dann abschließend auch "von um die Ecke" (Töchterchen "subito"). Es war zugleich witzig und genussvoll, denn er wollte mir alle Wünsche erfüllen. "Hab ich nicht" gabs bei ihm nicht. 12 Euro war dann die Endrechnung alles inklusive. Töchterchen hatte sich ein gutes Trinkgeld verdient!




Teatro Greco



Nun geht es nachher zum Abend hin wieder los, noch in eine andere Richtung. Diesmal nehme ich die Kamera nicht mit, dann bin ich unbeschwerter. 260 Bilder sind schon verschossen, ich schaue mir sie gleich mal an. Das Hotel ist absolut empfehlenswert, günstig gelegen, ruhig, sehr gepflegt, einfach optimal. Gut, dass ich hier auch wieder am letzten Abend vor dem Heimflug bin!

Morgen hole ich zuerst das Mietauto am Flughafen, dann geht es auf den Ätna und nach Taormina - das volle Programm. Abends kommt dann bei der Rückkehr zum Hotel in Catania der "Catania-Härtetest"... :-)